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Programm Robert Schumann (1810-1856) Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847)
Solist:
Paul Gulda (Klavier) Konzerte Sa.: 21. Juni, 20.00 Weyer, Turnhalle So.: 22. Juni, 20.00 Reinsberg, Ruine Fr.: 27. Juni, 20.00 Waidhofen, Schlosscenter Sa.: 28. Juni, 20.00 Melk, Kolomanisaal
Programmeinführung Geistig poetischer Ohrenkitzel mit Volksgesang Liest man eine Kritik zur Uraufführung des Klavierkonzertes a-Moll op. 54 von Robert Schumann in der "Leipziger Allgemeinen Musikalischen Zeitung" aus dem Jahr 1845, so begreift man unvermittelt die zeitlose Besonderheit des Werkes: "Wir haben alle Ursache, diese Composition sehr hoch zu stellen und sie den besten des Tonsetzers [Schumann] anzureihen, namentlich auch deshalb, weil sie die gewöhnliche Monotonie der Gattung vermeidet und der vollständig obligaten, mit großer Liebe und Sorgfalt gearbeiteten Orchesterpartie, ohne den Eindruck der Pianoleistung zu beeinträchtigen, ihr volles Recht widerfahren läßt und beiden Theilen ihre Selbständigkeit in schöner Verbindung zu wahren weiß." Es war Robert Schumanns erstes konzertantes Werk und wurde von ihm bereits 1841 als einsätzige "Fantasie für Klavier und Orchester" begonnen. Vier Jahre später ergänzte er das Werk mit den zwei Sätzen Intermezzo und Finale. Den kammermusikalischen Charakter behielt er bei, so "konzertiert" das Klavier kontinuierlich mit einzelnen Instrumenten bis Instrumentengruppen. Dieser Verlauf verleiht dem Konzert eine bestimmte poetisch zurückhaltende Grundstimmung. Kein Wunder, gilt Schumann doch als ausgesprochene musikalisch-literarische Doppelbegabung. "Ich kann kein Konzert schreiben für den Virtuosen; ich muß auf etwas andres sinnen." Diese Zeilen an Clara schrieb Schumann im Jänner 1839, und tatsächlich lenkt er die Gattung Klavierkonzert in eine völlig neue symphonische Richtung: Der Pianist ist nicht mehr ausschließlich Solist, sondern Teil des Orchesterapparates. Besonderen Einfluss hatte sein Klavierwerk auf den Norweger Edvard Grieg, der u.a. auch in Leipzig studierte. Felix Mendelssohn-Bartholdys "Reformations-Symphonie" entstand aus Anlass der 300-Jahrfeier der Augsburger Konfession [1530]. Politische Unruhen vereitelten jedoch die geplante Uraufführung, die erst im November 1832 in Berlin nachgeholt wurde. Antisemitische Einflüsse und Zweifel an Mendelssohns rascher wie jugendlicher Arbeitsweise taten ihr übriges. Die "Symphonie zur Feier der Kirchenrevolution" geriet in Vergessenheit und wurde erst zwanzig Jahre nach Mendelssohns Tod wiederentdeckt und veröffentlicht. Interessant ist, dass Mendelssohn weder die berühmte "Italienische"- noch die "Reformationssymphonie" zum Druck frei gab. Die chronologisch zweite Symphonie wurde später von Mendelssohn überhaupt zurückgezogen. Das stark der Tradition verhaftete Werk ist gespickt mit musikalischen Zitaten aus "sprechenden" Versatzstücken bekannter Choralmelodien: Man hört das sogenannte "Dresdner Amen", von Richard Wagner auch in dessen Bühnenweihefestspiel "Parsifal" verwendet, im 1. Satz, und im 4. Satz intonieren die Bläser Martin Luthers "Eine feste Burg ist unser Gott". Die Entwicklung der Themen und Motive stehen stellvertretend für die kämpfende und singende protestantische Glaubensgemeinschaft. Dem Anfangssatz steht eine langsame Einleitung voran, deren religiöser Charakter durch ein "Magnificat-Thema", W. A. Mozarts sogenanntes "Credo-Motiv", unterstrichen wird. Für viele Musikwissenschafter ist der Schluss der Durchführung im Eröffnungssatz eine bewusste Anspielung an den ersten Satz aus Ludwig van Beethovens "Eroica". Der zweite Satz Allegro vivace ist ein spritziges Scherzo mit einem für Mendelssohn charakteristischem Intermezzo der Holzbläser. Der dritte Satz Andante umfasst ein Rezitativ der ersten Geigen, welches an die Arie "Es ist genug" aus dem 1846 entstandenem Oratorium "Elias" erinnert. Dritter und vierter Satz gehen ineinander über, wobei im Finale Choral, Begleitung und Sonatensatz eine lose Verbindung eingehen, das undankbare Schicksal eines Gelegenheitswerkes. Ansonsten handelt es sich um eine klassisch aufgebaute Symphonie, in deren Verlauf der Orchesterapparat klanglich um drei Posaunen erweitert wird. Der Dirigent Hans von Bülow schreibt in seinen Schriften [Band II]: "Wer Mendelssohn richtig spielen will, spiele etwa vorher Mozart. Vor Allem entsage er aller Empfindsamkeit der Auffassung, trotz der Verführung, die einzelne ihm eigenthümliche, einzelne wiederkehrende Melismen hierzu darbieten. Hierbei müssen wir jedoch zugleich sehr entschieden markieren, dass seine zahlreichsten Zurufe beim Unterricht waren: nur flott, frisch, immer vorwärts, und dass die Tempi seiner Stücke meist von den heutigen Dirigenten viel zu langsam genommen werden." Gut hundert Jahre später ist es immer noch eine Herausforderung zwischen Gelehrtenmusik und Leichtfüßigkeit den adäquaten Weg zu finden, Mendelssohn als das zu interpretieren, was er nach Schumann darstellt: "Er ist der Mozart des 19. Jahrhunderts, der hellste Musiker, der die Widersprüche der Zeit am klarsten durchschaut und zuerst versöhnt." Mag. Ursula Magnes |